Segel hissen und volle Kraft voraus

    Sport- und Freizeitschiffe sind im Trend. Im Güterverkehr spielt die Schifffahrt ebenfalls eine wichtige Rolle. Im Zentrum der Tätigkeit des Schweizerischen Bootsbauer-Verband steht die Nachhaltigkeit. Diese zeigt sich in der Förderung des beruflichen Nachwuchses unter anderem mit lokalen Nachwuchstagen sowie der Teilnahme am Berufsbildungsevent Swiss Skills. Der Verband wünscht sich mehr Feingespür für die Anliegen des gesamten nautischen Sektors. 

    (Bilder: zVg) Der Schweizerische Bootsbauer-Verband ist auf gut qualifizierten Nachwuchs angewiesen. Mit der Präsenz an den Swiss Skills Bern 2022 will der Verband den Bekanntheitsgrad der nautischen Berufe steigern.

    Die Sport- und die Freizeitschifffahrt ist auf Schweizer Flüssen und Seen äusserst populär. «In der Schweiz sind heute mehr als 98’000 Sport- und Freizeitschiffe zugelassen», so Vinzenz Batt, Geschäftsführer des Schweizerischen Bootsbauer-Verbandes SBV in Zofingen. Aktive Seglerinnen und Segler sind über 140 Segelclubs in der ganzen Schweiz organisiert. Die Schifffahrt spielt auch eine wichtige Rolle im Tourismus und beim Ausflugsverkehr. «Die rund 150 Schiffe der Schweizer Schifffahrtsunternehmen befördern auf den Seen, Flüssen und den Grenzgewässern rund 13 Millionen Passagiere pro Jahr.» Auch im Güterverkehr spielt die Schifffahrt ebenfalls eine wichtige Rolle: Rund 120 Güterschiffe transportieren jährlich rund 2,5 Millionen Tonnen Material auf den Schweizer Gewässern. Von besonderer Bedeutung für den Güterverkehr und die Landesversorgung ist dabei die Rheinschifffahrt. Über 300 nautische Betriebe existieren in der Schweiz. Bootswerften und Handelsbetriebe sind an den Gewässern oder im Umland der Seen und Flüsse zu finden, Zulieferbetriebe finden sich in allen Regionen der Schweiz. 1955 wurden praktisch alle der in der Schweiz ausgelieferten Neubauten von Schweizer Werften hergestellt – heute sind es nur noch knapp 5 Prozent. «Verschiedene Dienstleistungen und der Unterhalt der Boote – beides früher nur von marginaler Bedeutung – bilden heute den Grundstock für die meisten Betriebe», erklärt Batt. Der Import übersteigt das Exportvolumen um ein Vielfaches, und dies schon seit langer Zeit: «Heutzutage werden noch um die hundert Boote pro Jahr in der Schweiz gebaut.»

    Engagierte Nachwuchsförderung
    Die Aus- und Weiterbildung ist für den Verband ein zentrales Anliegen. Dazu Batt: «Wir führen unsere beiden Berufe Bootfachwart/in EFZ und Bootbauer/in EFZ mit viel Engagement. Im Weiterbildungsbereich bieten wir einige branchenspezifische Kurse in den Bereichen Technik/Mechanik, Arbeitssicherheit und eine Erfa-Gruppe für Berufsbildner an.» Neu ist der SBV Trägerverband bei TOP Ausbildungsbetrieb, welcher Weiterbildungen für Berufsbildner anbietet. Jährlich schliessen im Schnitt zwischen fünfzehn bis zwanzig Junge pro Beruf ab. «Unser Bedarf wäre aber eher bei 25 bis 30 Abgängern pro Beruf», betont Batt. «Leider haben wir auch zu wenig Lehrbetriebe. Wir versuchen zwar stetig neue Lehrfirmen zu gewinnen – manchmal gelingt uns dies besser, manchmal weniger.» Der Fachmächtemangel ist auch in der Bootsbranche eine grosse Herausforderung. Um die Berufe bekannter zu machen, engagieren sich diverse Werften bei lokalen Nachwuchstagen. 

    Die Nachfrage, beziehungsweise das Bedürfnis der Bevölkerung sich am und auf dem Wasser zu erholen, wird auch weiterhin hoch bleiben.

    Ein grosses Schaufenster ist jeweils der Berufsbildungsevent Swiss Skills. Der SBV war dieses Jahr zum dritten Mal dabei und hat zum zweiten Mal Berufsmeisterschaften durchgeführt. «Dieser Auftritt ist für uns eminent wichtig, ist ressourcen-technisch aber ein unglaubliches Herkules-Projekt. Die Mischung zwischen spannendem Berufswettbewerb und dem myskills-Bereich, wo Schülerinnen und Schüler die Berufe ausprobieren können, ist einzigartig», so Batt. Dem Verband ist es ein Anliegen, die nautischen Berufe auf Augenhöhe und realitätsnah auf Social Media darzustellen. «Wir haben schon einige Videos produziert und werden in Zukunft noch verstärkt mit diesen Kanälen arbeiten. Zudem ist die klassische Medienarbeit in den regionalen und lokalen Medien wichtig.» Aktuell ist der SBV damit beschäftigt, wieder ein «Schaufenster» für die nautische Branche in der Schweiz zu etablieren. «Wir wollen bis in die Jahre 2024/25 wieder einen nautischen Grossanlass organisieren, der Lust auf Wassersport macht.»

    Mehr Sensibilisierung für den nautischen Sektor
    Nebst dem Fachkräftemangel ist auch der sogenannte «Dichtestress für die Branche eine Herausforderung. Unsere Gewässer sind – genauso wie Wald und Berge – stark genutzte Naturbereiche die Trinkwasserreserve, Erholungsgebiet und Erwerbsgrundlage für Fischer darstellen. Dazu gilt es Sorge zu tragen und dies war in der Vergangenheit und ist in der Zukunft eines der Hauptziele des SBV: «Wir wollen dazu beitragen, dass alle Anspruchsgruppen gut miteinander leben können und, dass wir und unsere Kunden noch sehr lange mit Freude dem Wassersport frönen können.» Aber auch auf politscher Ebene hat der Verband seine Anliegen. So sind politisch motivierte Verbote oder Einschränkungen beim Wassersport – wie jeder anderen Branche – nicht zielführend. «Es muss der sachorientierte Dialog geführt werden. Wir wünschen uns, dass der gesamte nautische Sektor besser wahrgenommen und auch die Wertschöpfung respektiert wird. In Punkto Berufsbildung wünschen wir uns bessere Unterstützung für kleine Berufszweige wie den unseren», fordert Batt. Für die Zukunft heisst es, Segel hiessen und volle Kraft voraus, denn in der bootsaffinen Schweiz gibt es gemäss Batt noch ein grosses Potenzial zum Ausschöpfen. «Die Nachfrage, beziehungsweise das Bedürfnis der Bevölkerung sich am und auf dem Wasser zu erholen, wird auch weiterhin hoch bleiben. Boote sind im Gegensatz zu Autos sehr langlebig und werden über diese lange Dauer auch immer wieder repariert und überholt.»

    Corinne Remund

    www.bootbauer.ch

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    Austausch und Know-how fördern

    Fünf initiative Bootbauer haben 1934 den Schweizerischen Bootbauer-Verband SBV gegründet. Damals wurde Wassersport hauptsächlich als Segelsport betrieben. Der grosse Teil der Segler war in Segel- oder Yachtclubs organisiert. 95 Prozent der Boote waren aus Holz gefertigt und verlangten nach intensiver Pflege. Die wirtschaftliche Grundlage der Werften bildeten Neubauten, Winterlager und Überholungen. Diese Struktur hatte sich während der «goldenen Zwanzigerjahren » herausgebildet und war auf einem hohen Niveau. Jetzt ist der SBV eine wichtige Informationsplattform für seine Mitglieder. Zu den Dienstleistungen gehört Untersetzung in den Bereichen Reglementierung/ Gesetze, Betriebswirtschaft, Aus- und Weiterbildung, Verkaufsförderung/ Marketing und bei Nachfolgelösungen. Zudem können sie von zahlreichen Vorlagen-Dokumenten, Gratistools und einer Job-Plattform profitieren. Der SBV ist bestens vernetzt mit anderen Organisationen, Vereinen, Institutionen sowie den nationalen und kantonalen Behörden und pflegt eine gute Partnerschaft. Der Verband festigt zudem mit diversen Anlässen auf nationaler und internationaler Ebene den Zusammenhalt unter den einzelnen Mitgliedern und fördert den Know-how Austausch. 

    Die 190 Mitglieder sind kompetente, erfahrene und innovative Werften und nautische Fachbetriebe in der Schweiz. In der gesamten nautischen Branche (Sportbootsbau, -verkauf, -unterhalt, Zubehör, Vermietung) arbeiten rund 2200 Beschäftigte. Die Sportboot-Branche macht geschätzt etwa 500 Millionen Franken Umsatz jährlich. 

    CR

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