Feuchtgebiete zur Erholung für’s Klima und die Artenvielfalt

    Erderwärmung und Klimawandel sind schon heute für jedermann spürbar und in aller Munde. Ungewöhnliche Trockenperioden und Wasserknappheit wiederholen sich in immer kürzeren Abständen. Doch wir sind nicht machtlos. Es ist möglich und vordringlich nicht nur für das globale Klima den Ausstoss der klimawirksamen Gase zu reduzieren, sondern das Ausmass der Folgen für das lokale Klima mit geeigneten Massnahmen zu dämpfen.

    (Bild: zVg) Das neu geschaffene Feuchtgebiet am Erusbach begeistert tierische und menschliche Besucher gleichermassen

    Natur und Erholung Hand in Hand
    Die Renaturierung von Feuchtstandorten hilft, das lokale Klima und den Wasserhaushalt günstig zu beeinflussen. Das Kneippbad im luzernischen Schongau an der Grenze zum Aargau kombiniert mit der Renaturierung des Erusbach ist bester lokaler Klimaschutz – für Mensch und Natur! Zusammen mit dem Kneippbad, gespeist vom kühlen Erusbachwasser, und dem vor rund zwei Jahren eingeweihten Barfussweg, besteht auf der Lindenberg-Hochebene ein Bijou, das von naturverbundenen Touristen und Einheimischen gerne auf- gesucht wird.

    (Bild: zVg) Der neue und der ehemalige Geschäftsführer von Pro Natura Aargau auf Luzerner Boden an der Grenze zum Aargau, wo der Erusbach in einer Röhre unter einem Kornfeld verschwindet

    Das Beispiel soll Schule machen
    Der Erusbach fliesst von Schongau im Kanton Luzern ins aargauische Bettwil. Auf Luzerner Boden herrscht links und rechts des Baches dichte Vegetation. Libellen schwirren umher, eine Heuschrecke hüpft über den Wanderweg, der in Schongau entlang des Baches in Richtung Bettwil führt. Und dann ist das Feuchtgebiet plötzlich zu Ende. Exakt an der Kantonsgrenze verschwindet der Erusbach im Untergrund.

    Wasserkanton Aargau
    soll mitziehen Ausgerechnet im Wasserkanton Aargau verlaufen ein Drittel der Gewässer unter dem Boden. Vor Jahrzehnten galt es als technischer Fortschritt, einen Bach trockenzule das Drainieren der Böden zu fördern. Die Folge: Der Wasserkanton Aargau hat über 90% seiner Feuchtgebiete verloren. Seit 1850 wurden in der Schweiz mehr als zweihunderttausend Hektaren Feuchtgebiete, d.h. tausende Hektaren Quellfluren, Feucht- und Riedwiesen, Moore und Bruchwälder mit Drainagen der landwirtschaftlichen Produktion geopfert.

    In den Feuchtgebieten liegt Potential
    In Feuchtgebieten zersetzt sich organisches Material langsamer. Damit binden Feuchtgebiete mehr Kohlenstoff als CO2 ausgestossen wird. Alleine in den 3% Moore, die weltweit die Erde bedecken, steckt ein Drittel des auf dem Festland gebundenen Kohlenstoffs. Mit dem fortschreitenden Klimawandel und den zunehmenden Trockenperioden zeigt sich, wie sehr uns diese Feuchtgebiete fehlen. Wir brauchen diese Feuchtgebiete in Wald und Flur. Wir müssen verhindern, dass weiterhin durch die Trockenlegung im Boden gespeicherter Kohlenstoff als CO2 in die Atmosphäre entweicht. Sorgfältig wieder vernässte Feuchtgebiete haben zudem eine positive CO2- Bilanz. Vor allem sind sie jedoch nützlich für den lokalen Klimaschutz und die Wasserspeicherung: Die Wiederherstellung der verloren gegangenen Feuchtgebiete und unserer Wasserspeicher hilft zahllosen Organismen zu überleben, schützt die Bäche vor Austrocknung und Überhitzung. Ausserdem fördert die Wiedervernässung die Zuverlässigkeit des Quellflusses und reichert das Grundwasser an.

    (Bild: zVg) Das Kneippbad am Erusbach inmitten der pulsierenden Natur lockt alt und jung…

    Gewinn für Natur und Mensch
    Wie sich mit dem Kneippbad am renaturierten Erusbach zeigt, profitieren sowohl Mensch wie auch Natur von solchen lokalen Klimaschutz-Massnahmen. Solche Feuchtstandorte helfen, das lokale Klima günstig zu beeinflussen. Und sie sind enorm artenreiche Lebensräume und Naherholungsgebiete für Bevölkerung und Natur.

    Es müssen nicht immer reine Naturschutzgebiete sein
    Pro Natura Aargau setzt sich daher dafür ein, dass im Aargau in den nächsten Jahren zerstörte Quellfluren, Feuchtwiesen und Moore wieder mit ausreichend Wasser versorgen und wiederbeleben können. Dabei ist jedoch nicht nur an reine Naturschutzgebiete gedacht, sondern auch an eine sinnvolle nachhaltige Bewirtschaftung mit Biodiversität als ein wichtiges Produkt moderner Landwirtschaft.

    Matthias Betsche


    Zur Person: Matthias Betsche (50) ist Jurist und leidenschaftlicher Kämpfer für unsere Natur und Landschaft seit Oktober 2020 engagiert er sich als Geschäftsführer von Pro Natura Aargau. Er löste den Biologen Dr. sc. nat. Johannes Jenny ab, der 24 Jahre lang für die Aargauer Natur und Landschaft ein- stand.

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